Verhaltensbedingte Kündigung – Überwachung Firmen-PC

BAG, Urteil vom 27.07.2017, 2 AZR 681/16

 

Ihr Chef ist immer im Bilde? Aber: Das heimliche Überwachen des Firmen-PC durch den Einsatz von sog. Software-Keyloggern ist unzulässig, wenn gegen den Arbeitnehmer kein konkreter personenenbezogener Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung besteht.

 

Sachverhalt 

 

Der Arbeitnehmer (ArbN) war als Web-Entwickler tätig. In einer E-Mail vom 19.4.15 teilte der ArbG allen ArbN mit, sämtlicher „Internet-Traffic“ und die Benutzung der Systeme würden „mitgeloggt“ und dauerhaft gespeichert. Auch auf dem vom ArbN benutzten Firmen-PC wurde eine Keylogger-Software installiert. Dadurch konnten ab dem 21.4.15 sämtliche Tastatureingaben am PC protokolliert werden und es wurden regelmäßig sog. Screenshots erstellt.

Der Arbeitgeber wertete die gewonnenen Daten aus und führte am 4.5.15 ein Gespräch mit dem ArbN statt. Der ArbN räumte eine, den Firmen-PC während der Arbeitszeit privat genutzt zu haben. Am 5.5.15 unterstellte der ArbG zudem dem ArbN zudem, er habe während seiner Arbeitszeit über einen längeren Zeitraum hinweg für eine Drittfirma gearbeitet und an einem von ihm entwickelten Computerspiel gearbeitet. Der Arbeitnehmer gab dazu an, er habe in seiner Arbeitszeit ein Computerspiel programmiert und Arbeiten für die Firma seines Vaters durchgeführt. Diesen Sachverhalt nahm der Arbeitgeber zum Anlass, dass Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 20.5.15 (Zugang) außerordentlich fristlos sowie hilfsweise ordentlich zu kündigen.

Der ArbN klagte gegen die Kündigungen. Er hielt sie für unwirksam, weil die durch den Einsatz des Keyloggers gewonnenen Erkenntnisse nicht hätten verwertet werden dürfen. Der Arbeitgeber habe nicht, wie angekündigt, lediglich Internetaktivitäten, sondern sämtliche Tastatureingaben während der Arbeitszeit und den Pausen gespeichert. Die Programmierarbeiten für das Computerspiel und die Arbeiten für die Firma seines Vaters habe er überwiegend in den Pausen erledigt. Der Arbeitgeber vertrat die Auffassung, die betriebene umfassende Überwachung des PCs und die Aufzeichnung der Daten seien zulässig, weil er das Recht haben, die untersagte Privatnutzung des Firmen-PCs zu kontrollieren. Der Arbeitgeber berief sich zudem darauf, dass er Hinweise auf strafbare Handlungen anderer Arbeitnehmer hatte. Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt und somit dem Arbeitnehmer recht. Diese Entscheidung wurde im Berufungsverfahren durch das Landesarbeitsgericht (LAG) bestätigt.

Auch die Berufung des Arbeitgebers zum Bundesarbeitsgericht (BAG) blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

 

Der Verwertung der durch die Keylogger-Software gewonnenen Erkenntnisse über die Privattätigkeiten des ArbN im gerichtlichen Verfahren steht ein Beweisverwertungsverbot entgegen

Der ArbG hat durch den Einsatz der Software das Recht des ArbN auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt. Da der ArbG bei der Installation der Software gegenüber dem ArbN keinen tatsachenbegründeten Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung hatte, war die Informationsgewinnung auch nicht nach § 32 Abs. 1 BDSG zulässig. Die Überwachungsmaße war daher „ins Blaue hinein“ und unverhältnismäßig. Zwar hat der ArbN die Privatnutzung eingeräumt, diese rechtfertigte die ausgesprochene Kündigung ohne vorherige Abmahnung jedoch nicht.

 

Lesen Sie hier die komplette Entscheidung des BAG.

BAGÜberwachenDienstPC.pdf
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